Verordnungen

Die Prüfvereinbarung: Landesschiedsamt hat entschieden

Viele Jahre lang war es recht ruhig um die Prüfvereinbarung über das Verfahren zur Wirtschaftlichkeitsprüfung in Brandenburg, bis vor drei Jahren (vgl. KV-Intern 3/2019) das Landesschiedsamt eine neue Vereinbarung beschließen musste. Hintergrund war, dass die Sicht der beiden Vertragspartner (Krankenkassen und KVBB) in einigen wesentlichen Punkten nicht in eine gemeinsame Richtung zu verhandeln war. Einarbeitsintensives und diskussionsreiches Verfahren konnte jedoch gütlich abgeschlossen werden, und die Beteiligtenhofften wohl auf beiden Seiten, dies so schnell nicht wiederholen zu müssen.

Aber wie sagt man so schön: „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.“

Der Gesetzgeber hatte inzwischen mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), dem GKV-Fairer-Kassenwettbewerbsgesetz und einigen anderen Neuerungen, Handlungsbedarf geschaffen, um auch das Vertragswerk für die Wirtschaftlichkeitsprüfung anzupassen.

Nach einigen ergebnislosen Verhandlungsrunden riefen die Vertreter der Krankenkassen im vergangenen Jahr erneut das Schiedsamt an, und so gab es eine Neuauflage des Meinungsaustauschs in Sachen Prüfungen.

Was kam dabei heraus? Die aktuelle Prüfvereinbarung ist rückwirkend zum 1. April 2022 in Kraft getreten. Sie beinhaltet im Wesentlichen folgende Neuerungen/Änderungen:

Kostendifferenzbetrachtung
Die vom Gesetzgeber mit dem TSVG gemäß § 106b Abs. 2a SGB V eingeführte Kostendifferenzbetrachtung beinhaltet den Ansatz, die Verordnungskosten, die durch eine nicht wirtschaftliche bzw. nicht zulässige Verordnung entstanden sind, mit den Kosten zu verrechnen, die tatsächlich angefallen wären, hätte der verordnende Arzt dies in zulässiger Weise getan. In diesem Fall soll nur die Differenz zwischen beiden Beträgen als Nachforderung zu erstatten sein.

Diese Vorschrift galt es nun durch die Vertragspartner auf Bundesebene in den Rahmenvorgaben nach § 106b Abs. 2 SGB V zu konkretisieren.

Da der GKV-Spitzenverband und die KBV jedoch nicht in allen Punkten Einigkeit erzielen konnten, ist durch das Bundesschiedsamt nach § 89 SGB V am 10. Mai 2022 u. a. festgesetzt worden, dass unzulässige Verordnungen generell und ohne Ausnahme von der Anwendung einer Differenzbetrachtung ausgenommen sind. Dies gilt auch für unsere Prüfverfahren.

Aus Sicht der Ärzteschaft spiegelt dieser Schiedsspruch nicht die gesetzlichen Vorgaben wider.

Die KBV hat im Juli 2022 diesen Schiedsspruch beklagt und die Argumente der Ärzte in ihrer Klagebegründung angeführt. Wichtig für die Praxis: Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gilt – bei jeder Verordnung.

Sollten Sie aufgrund eines Prüfantrages der Krankenkassen einen Bescheid der Prüfungsstelle erhalten und zur Erstattung einer Nachforderung aufgefordert sein, prüfen Sie bitte, ob die Differenzmethode angewendet wurde. Wenn dies nicht der Fall ist, kontaktieren Sie gern unseren Mitgliederservice, um zu prüfen, ob ein Widerspruch oder eine Klage für Sie erfolgreich sein könnte.

Bitte beachten Sie, dass dies nicht für die Richtwertprüfung gilt.

Der § 106b Abs. 2a SGB V bezieht sich nur auf Einzelfallprüfungen.

Saisonale Grippeimpfstoffe

Auf Bestreben der Krankenkassenverbände wurde eine Verwurfsquotenprüfung für saisonale Grippeimpfstoffe gem. § 106b Abs. 1a SGB V in die Prüfvereinbarung aufgenommen. Die gute Nachricht vorab – dies gilt tatsächlich nur für die saisonalen Grippeimpfstoffe.

Diese können einer Beurteilung durch die Prüfungsstelle unterzogen werden, wenn und soweit ein (statistisches) Missverhältnis zwischen der Anzahl der verordneten Impfdosen zu den abgerechneten Impfleistungen besteht. Die Höhe dieses Missverhältnisses ergibt sich aus dem SGB V i. V. m. der Prüfvereinbarung und greift aktuell bei einer Abweichung von mehr als 30 %. Sollte dieses im Rahmen einer Bewertung durch die Prüfungsstelle festgestellt werden, erhält der Arzt eine Beratung (keine Nachforderung).

Fristen

In der Vergangenheit wurde kritisiert, dass oft eine lange Zeit vergeht, bis die Prüfgremien über Anträge entschieden haben und Praxen häufig über viele Jahre zurückliegende Verordnungen Auskunft erteilen sollen. Dies lag auch daran, dass die Ausschlussfristen für das Stellen von Prüfanträgen den Krankenkassen diese Zeiträume zubilligten.

Auf Drängen der KVen hat der Gesetzgeber diesen Missstand erkannt und nachgeschärft. So regelt § 106 Abs. 3 SGB V nun eine zweijährige Ausschlussfrist für die Richtwertprüfung und für Einzelfallprüfungen eine Frist von 18 Monaten. Dies bedeutet z. B., dass für eine Verordnung im Kalenderjahr 2022 der Einzel-Prüfantrag der Krankenkassen bis spätestens 30. Juni 2024 bei der Prüfungsstelle einzureichen ist und diese dann bis maximal zum 30. Juni 2025 Zeit hat, einen Bescheid darüber zu erteilen.

Bislang hätten die Krankenkassen allein vier Jahre lang Zeit gehabt, einen Antrag zu stellen.

Weitere Punkte

Einige weitere Punkte, wie etwa die Einführung bestimmter Praxisbesonderheiten für die Durchschnittswertprüfung der Behandlungsweise, die Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen, die arztbezogene Berücksichtigung von Rabatten usw. finden Sie demnächst in unserer aktualisierten Broschüre zur Wirtschaftlichkeitsprüfung auf unserer Website:

www.kvbb.de/praxis/verordnungen

Alle aktuellen Veröffentlichungen zu den Richtwerten und Zielen haben Sie sicher schon in KV-Intern 5/2022 gelesen.

Fortbildungsveranstaltung

Die KVBB bietet ihren Mitgliedern am 12. Oktober 2022 ab 15 Uhr eine Fortbildungsveranstaltung zur (neuen) Prüfvereinbarung an. Gern melden Sie sich auf dem üblichen Weg dazu bei uns an!

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    Mitgliederservice

    0331/2309-100