Berufspolitik

Entbudgetierung, Weiterbildung, Digitalisierung und vieles mehr

Vertreterversammlung diskutierte in Potsdam

Es war eine Premiere: Am 31. März kam die im vergangenen Herbst neu gewählte Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) zu ihrer ersten regulären Sitzung in Potsdam zusammen. Die KVBB-Vorsitzende Catrin Steiniger sowie ihre beiden Stellvertreter, Dr. Stefan Roßbach-Kurschat und Holger Rostek, spannten in ihren Berichten thematisch einen großen Bogen.

Ein Thema waren die Empfehlungen der Regierungskommission zur Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland. „Wir haben unserem Gesundheitsministerium eine umfangreiche Stellungnahme zu den unausgegorenen Vorschlägen der Kommission übermittelt“, berichtete Frau Steiniger. „Wir lehnen zum Beispiel eine 24/7-Akutversorgung an Notfallzentren strikt ab. Die Akutversorgung zur Sprechstundenzeit findet in unseren Praxen statt. Das wollen übrigens auch die Patienten so.“

Ein anderes Thema war die Endbudgetierung der Kinderheilkunde sowie der Kinder- und Jugendpsychiater. Die KVBB-Chefin machte deutlich, dass der aktuelle Beschluss des Bundestags nicht zu einer echten Entbudgetierung führt. „Der Beschluss sieht keine extrabudgetäre Vergütung der Pädiatrie vor. Stattdessen wird ein bürokratisches Verfahren eingeführt, wonach die Krankenkassen Nachzahlungen leisten müssen, wenn die MGV zur Honorierung aller erbrachten Leistungen nicht ausreicht. Das kann bestenfalls der Einstieg in die Entbudgetierung für alle Fachgruppen sein“, sagte Frau Steiniger.

Daneben erläuterte Frau Steiniger der VV die aktuelle Problematik um eine mögliche Sozialversicherungspflicht für Ärzte im Bereitschaftsdienst. Diese fordert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. „Eine Sozialversicherungspflicht wäre mit unserem gut funktionierenden Bereitschaftsdienstsystem nicht vereinbar. Insbesondere Poolärzte könnten gegebenenfalls keine Dienste mehr übernehmen. Wir bräuchten dann bis zu dreimal so viele Kolleginnen und Kollegen im Bereitschaftsdienst“, so Frau Steiniger. Hintergrund seien zum Beispiel arbeitsrechtliche Fragen oder eine Gehalts- statt Honorarvergütung. „Gemeinsam mit den anderen KVen und der KBV haben wir dem Arbeitsministerium die Problematik und unsere Kritik bereits nachdrücklich verdeutlicht.“

Zustimmung erhielt die KVBB-Chefin aus der VV. Der Politik müsse klar sein, dass die Kolleginnen und Kollegen entweder im Bereitschaftsdienst oder in der Praxis arbeiteten. Beides gleichzeitig gehe nicht.

Dr. Stefan Roßbach-Kurschat, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVBB, stellte die Nachwuchsförderung in den Mittelpunkt seines Berichts. Für Diskussionen sorgte vor allem die Frage, in welcher Höhe die ambulante Weiterbildung zukünftig gefördert werden soll. „Das SGB V verpflichtet uns, gemeinsam mit den Krankenkassen, die Weiterbildung finanziell zu fördern. Zur Finanzierung erheben wir eine Sonderumlage in Höhe von 0,43 Prozent. Diese Einnahmen werden in diesem Jahr nicht ausreichen. Die Kosten werden 2023 auf rund 6,2 Mio. Euro ansteigen“, erläuterte der KVBB-Vize. „Für den Haushaltsbeschluss 2024 müssen wir uns verständigen, in welcher Höhe wir zukünftig fördern wollen.“

Dr. Benjamin Möpert, Hausarzt aus Halbe, wies darauf hin, dass im Zuge des Aufbaus der Universitätsmedizin in Cottbus viele weitere Praxen für die Weiterbildung benötigt werden würden.

„Jede Arztpraxis sollte einen Zuschuss von 8.000 bis 15.000 Euro pro Quartal erhalten, unter anderem um eine zusätzliche Praxisassistenz für das Thema Digitalisierung beschäftigen zu können“ forderte Holger Rostek, stellvertretender KVBB-Vorstandsvorsitzender, in seinem Bericht. „Denn die Aufwände für die Digitalisierung, die Sie in Ihren Praxen haben, sind groß. Und einen echten Nutzen für die Diagnostik und Behandlung haben Sie bisher nicht.“

Herr Rostek erläuterte der VV die neue, kürzlich veröffentlichte Digitalisierungsstrategie des Bundesgesundheitsministeriums. Demnach sollen ab dem 1. Januar 2024 unter anderem die elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept verpflichtend eingeführt werden. Viele Details dazu seien jedoch noch nicht geklärt. „Die Digitalisierung der ambulanten Medizin wird uns daher auch zukünftig viel beschäftigen“, so Herr Rostek.