Verordnungen

Leitfaden zur Wirtschaftlichkeitsprüfung

Was Ärztinnen und Ärzte wissen sollten – ein kurzer Überblick

1. Was ist die Prüfungsstelle?

Die Prüfungsstelle ist eine unabhängige Institution. Sie hat den gesetzlichen Auftrag, nach den Vorgaben des SGB V und der Prüfvereinbarung die Wirtschaftlichkeit medizinischer Leistungen und Verordnungen (z. B. von Arznei- und Heilmitteln) zu überprüfen.

Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V).

2. Welche sind die wichtigsten Prüfarten?

Richtwertprüfung (Statistische Auffälligkeitsprüfung): erfolgt von Amts wegen und (kalender-)jährlich; vergleicht das tatsächliche Verordnungsvolumen mit dem vorab errechneten Richtwertvolumen. Ziel: Feststellung statistischer Auffälligkeiten

Einzelfallprüfung: erfolgt nur auf Antrag einer Krankenkasse und betrifft konkrete Verordnungen (z. B. Sprechstundenbedarf, Arzneimittel, Verbandstoffe). Ziel: Überprüfung der Einhaltung des Leistungsrechtes bzw. der Wirtschaftlichkeit im Einzelfall

3. Post von der Prüfungsstelle – was tun?

Wenn Sie Post von der Prüfungsstelle (nicht von der KVBB oder einer Krankenkasse) erhalten, beachten Sie:

  1. Art der Prüfung erkennen: Richtwert oder Einzelfall? (In seltenen Fällen kann es sich auch um einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens oder eine Durchschnittswertprüfung der Behandlungsweise handeln. Dann rufen sie gern direkt den Mitgliederservice an.)
  2. Ruhe bewahren: Es handelt sich nicht um eine Zahlungsaufforderung, sondern um die Aufforderung zur Stellungnahme. Nutze Sie diese Möglichkeit und verschaffen Sie sich Gehör!
    „Wirtschaftlichkeitsprüfungen sind gesetzlich vorgeschrieben“, erläutert Dr. Stefan Roßbach-Kurschat, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVBB. „Oft empfinden wir sie als zeitraubende bürokratische Belastung, die unsere Arbeit in Frage stellt. Hinzu tritt die Angst vor einem Regress. Haben Sie keine Sorge vor dem Prüfverfahren, erklären Sie Ihre Handlungsweise. Gerade bei der Richtwertprüfung können in den allermeisten Fällen gute Gründe (Praxisbesonderheiten) Sie entlasten. Die beratenden Apothekerinnen unseres Mitgliederservices stehen Ihnen dabei mit ihrer Erfahrung, praktischen Tipps und einer klaren Beratung zur Seite.“
  3. Frist beachten: Die Prüfungsstelle setzt in der Regel eine Frist von vier Wochen zur Stellungnahme, die auf Antrag verlängert werden kann (z. B. wegen Urlaub oder Krankheit).
  4. Stellungnahme: Begründen Sie sachlich, warum aus Ihrer Sicht kein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegt und fügen Sie zum Nachweis Auszüge aus der Dokumentation bei.
    Unser Tipp: So ausführlich wie nötig und so kurz wie möglich.
  5. Rechtzeitig reagieren oder falls nötig schriftlich um Fristverlängerung bitten.

4. Was passiert nach der Stellungnahme?

Die Prüfungsstelle prüft nun Ihre Argumente, selten fragt sie noch einmal nach. Das ist in der Regel ein gutes Zeichen, da man sich dezidiert mit Ihren Angaben auseinandersetzt. Sie erhalten abschließend einen Bescheid mit dem Ergebnis.

Mögliche Ergebnisse:

Im besten Fall überzeugt Ihr Vortrag die Prüfungsstelle. Dann unterlässt sie die Festsetzung einer Nachforderung. Im Bescheid lautet es dann „wird eingestellt“ und/oder „keine Maßnahme“. Leider ist das Verfahren dadurch aber noch nicht zwangsläufig abgeschlossen, weil auch die antragstellende Krankenkasse noch Widerspruch gegen den Bescheid der Prüfungsstelle erheben kann, wenn sie an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung zweifelt. In diesem Fall wird das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss weitergeführt (siehe unten unter 5.)

Wenn Ihr Vortrag die Prüfungsstelle nicht oder nur teilweise überzeugt, erhalten Sie einen Bescheid über entweder eine Beratung oder eine Nachforderung (konkreter Betrag wird genannt). Sie müssen jetzt noch nicht zahlen!

Prüfen Sie, ob Sie gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vorgehen möchten. In der Regel ist Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen. In Ausnahmefällen muss unmittelbar Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben werden. Achten Sie deshalb auf die Hinweise in der Rechtsbehelfsbelehrung sowie auf die Einhaltung der in der Rechtsbehelfsbelehrung genannten Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheides. Der Mitgliederservice der KVBB berät Sie gerne vorab telefonisch zu den Erfolgsaussichten (0331/23 09 100).

Legen weder Sie noch die antragstellende Krankenkasse Widerspruch gegen den Bescheid ein, wird dieser bestandskräftig. Hierüber wird im Anschluss die KVBB informiert, die nun Ihr Honorar um den festgesetzten Nachforderungsbetrag zu kürzen hat. Sie werden vorab darüber schriftlich informiert und können die Kürzung im Kontoauszug zu Ihrem Honorarbescheid nachvollziehen. Gegen die im Kontoauszug ausgewiesene Honorarkürzung ist kein Rechtsbehelf mehr statthaft (Wichtig: es kann inhaltlich nur gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vorgegangen werden.)

5. Der Beschwerdeausschuss (BA)

Wenn Sie oder die ursprünglich antragstellende Krankenkasse gegen den Bescheid der Rechtsbehelfsbelehrung folgend Widerspruch einlegen, geht die Zuständigkeit für die Prüfung des Falls auf den Beschwerdeausschuss über und das Verfahren bleibt weiter offen. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung, d.h. eine Kürzung des Honorars um den durch die Prüfungsstelle festgesetzten Nachforderungsbetrag findet vorerst nicht statt.

Der Beschwerdeausschuss setzt sich aus einer/einem unabhängigen Vorsitzenden und acht weiteren Ausschussmitgliedern (je vier von der KVBB und vier von den Krankenkassen) zusammen.

Ablauf des Widerspruchverfahrens:

Haben Sie sich zur Erhebung des Widerspruchs entschieden, empfehlen wir Ihnen Ihren Widerspruch unter Berücksichtigung der Argumentation der Prüfungsstelle ergänzend zu begründen. Dabei können auch neue bzw. weitere Unterlagen und Argumente eingebracht werden.

Hat die Krankenkasse Widerspruch gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle erhoben, erhalten Sie ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme und sollten hierbei auf die Argumente der Krankenkasse eingehen.

Der Beschwerdeausschuss informiert Sie über den Termin zur Ausschusssitzung, in dem über den Widerspruch entschieden wird. Sie erhalten Gelegenheit Ihre Argumentation in diesem Termin persönlich vorzutragen.

Der Beschwerdeausschuss entscheidet aufgrund der Sitzung über den Widerspruch und übermittelt Ihnen einen Widerspruchsbescheid. Die Verrechnung einer möglichen Nachforderung erfolgt wie zuvor beschrieben.

6. Klage vor dem Sozialgericht Potsdam

Gegen den Widerspruchsbescheid (und im Ausnahmefall gegen bestimmte Entscheidungen der Prüfungsstelle) können Sie oder die ursprünglich antragstellende Krankenkasse Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erheben. Wenn Sie sich hierzu entschließen, beachten Sie bitte die Frist, der Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid, die einen Monat ab Zustellung beträgt.

Das Sozialgericht Potsdam prüft unabhängig die Rechtmäßigkeit der Entscheidung. Tragen Sie bitte die aus Ihrer Sicht relevanten Argumente vor. Auch in diesem Verfahrensstadium können neue Aspekte und ergänzende Unterlagen eingebracht werden.

Entsprechendes gilt für ein etwaiges Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg und (mit Einschränkungen) dem Bundessozialgericht.

Checkliste für Ärztinnen und Ärzte

  • Absender prüfen – Ist es die Prüfungsstelle?

  • Art der Prüfung klären: z.B. Richtwert oder Einzelfall?
  • Frist zur Stellungnahme einhalten oder rechtzeitig Verlängerung beantragen!
  • Stellungnahme gut begründen und aussagekräftige Dokumentationen beifügen!
  • Bescheid prüfen: „Keine Maßnahme“, „Beratung“ oder „Nachforderung“? Akzeptieren?
  • Widerspruch (oder Klage) möglich? Prüfen und ggf. begründeten Widerspruch (oder Klage) einlegen!
  • Im Falle des Widerspruches: Entscheidung des Beschwerdeausschusses abwarten!
  • Bei negativer Entscheidung: Klage beim Sozialgericht möglich?
  • Keine eigenständigen Zahlungen – Honorarabzug erfolgt über die KVBB*

* Ausnahme: bei Beendigung der Praxistätigkeit ggf. Abtretung der Forderung an die Krankenkasse.